Bundesregierung wollte CIA-Spion freibekommen
Die russischen Richter zeigten sich wenig gnädig: 18 Jahre Lagerhaft lautete das Urteil für Waleri Michailow. Mit Milde war angesichts der Vorwürfe gegen den ehemaligen Oberst des russischen Inlandgeheimdienstes FSB auch nicht zu rechnen. Mehrere tausend geheime Dokumente soll er dem amerikanischen Nachrichtendienst CIA zugespielt und dafür zwei Millionen US-Dollar kassiert haben. Eine Blamage für den mächtigen Inlandsgeheimdienst, zumal Michailow ausgerechnet in der Spionage-Abwehr arbeitete.
Seit dem Richterspruch im vergangenen Jahr sitzt der Ex-FSB-Offizier im Straflager Nr. 3 in Irkutsk, Sibirien. Seit Wochen liegen die Temperaturen dort unter minus 30 Grad. Seine Essensrationen darf er sich nur selten im Lagergeschäft aufbessern. Michailow, älter als 60 Jahre, bleibt nicht viel Hoffnung – außer vielleicht auf die Bundesregierung.
Wir hatten im Oktober berichtet, dass ein Versuch der Bundesregierung gescheitert ist, das russische Agentenpaar Andreas und Heidrun Anschlag auszutauschen. Die beiden müssen sich derzeit vor dem Oberlandesgericht Stuttgart verantworten, sie sollen mehr als 20 Jahre in der Bundesrepublik für den russischen Auslandsgeheimdienst SWR spioniert und dabei wichtige NATO- und EU-Geheimnisse verraten haben. Unklar war bislang, wen die deutsche Seite gegen die Anschlags austauschen wollte.
In der aktuellen “Welt am Sonntag” können wir dieses Geheimnis nun lüften. Es handelt sich um zwei Russen, die wegen Spionage in russischer Haft sitzen. Einer der beiden ist der Doppelagent Michailow, der andere gilt als “kleiner Fisch”. Von ihren Informationen hatte auch die Bundesregierung profitiert. Auch wenn die Verhandlungen vorerst gescheitert sind, bleibt ihnen ein Funken Hoffnung. “Nach einer Verurteilung des Agentenpaares sind wir durchaus wieder zu Verhandlungen über einen Tausch bereit”, heißt es auf deutscher Seite.
Wenn die zwei Topspione des SWR Andreas und Heidrun Anschlag wieder in ihre Heimat zurückkehren, müssen sie sich um ihre Zukunft keine Sorgen machen. Der russische Auslandsgeheimdienst hat ihnen bereits einen neuen Job angeboten. Sie können als Dozenten im sogenannten Illegalen-Programm anfangen.
Dahinter verbirgt sich eine besondere Spezialität der russischen Auslandsspionage. Seit KGB-Zeiten werden die besten jungen Agenten mit falschen Namen und konstruierten Lebensläufen im Ausland platziert. Hinter bürgerlicher Fassade sammeln sie geheimdienstlich relevante Informationen. Dieses Programm wird auch nach dem Ende des Kalten Kriege weitergeführt. Und Deutschland gilt als wichtiges Zielland für die russischen Undercover-Agenten. Grund genug für uns, einmal ausführlich den Auslandsgeheimdienst SWR und seine Methoden vorzustellen.