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WamS-Bericht: Russische Spionage im Fokus der Politik

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WamS-Bericht: Russische Spionage im Fokus der Politik

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Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen (l) und Thomas Kremer (r), Vorstandsmitglied Deutsche Telekom AG, Datenschutz, Recht und Compliance

Er habe vor kurzem einen Mitarbeiter in den wohlverdienten Ruhestand versetzt, erzählte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen am Donnerstag auf einem Symposium seiner Behörde in Berlin. Der inzwischen pensionierte Verfassungsschützer hatte jahrzehntelang für die Spionageabwehr des Inlandsdienstes gearbeitet. 

Maaßen war neugierig. Er fragte den erfahrenen Beamten, „was sich denn seiner Meinung nach in diesem Bereich in den letzten Jahren geändert habe.“ Der antwortete trocken: „Eigentlich nichts.“ Froh sei er allerdings darüber, dass die Spionageabwehr jetzt in der öffentlichen Debatte wieder einen höheren Stellenwert einnehme.

Maaßen sagte dazu, das Thema Spionage habe lange Zeit nicht auf der Agenda der Politik gestanden. Nach dem Ende des Kalten Krieges hätten die Machenschaften fremder Geheimdienste in Deutschland kaum noch Beachtung gefunden. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sei dann die Bekämpfung des islamistische Extremismus in den Vordergrund gerückt.

Russische Agenten? Chinesische Spione? Das interessierte kaum noch jemand.

Damit ist es nun vorbei. Spionageabwehr wird plötzlich wieder groß geschrieben. Ein Grund dafür ist nicht zuletzt die NSA-Affäre. Sie hat dramatisch vor Augen geführt, wie leicht scheinbar sichere Daten in die Hände von Dritten geraten können.

Das beunruhigt natürlich auch die Wirtschaft. Deshalb war das diesjährige Symposium des Verfassungsschutz auch dem Thema „Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz“ gewidmet.

Das Fazit der Veranstaltung: Ausländische Geheimdienste sind in der Bundesrepublik so aktiv wie zu Zeiten des Kalten Krieges. Sie spähen die Wirtschaft, das Militär, die Politik und die Verwaltungen aus. Am aktivsten dabei: Russlands Spione.

Bereits im April hatten wir in der „Welt am Sonntag“ über das Treiben der russischen Geheimdienste hierzulande berichtet. Der Beitrag beleuchtet die Anwerbung von Personen aus dem Umfeld des Bundestages, handelt von Agenten, die als Diplomaten getarnt auftreten und thematisiert die sogenannten „Illegalen“, eingeschleuste Spione, die teilweise Jahrzehnte unter falscher Identität in der Bundesrepublik leben.

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele hatte nach unserer Berichterstattung eine Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) zur russischen Spionage gefordert. Daraufhin mussten am Mittwoch sowohl Verfassungsschutzpräsident Maaßen als auch der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler, den Mitgliedern des Gremiums Rede und Antwort stehen.

Wie aus Abgeordnetenkreise berichten, bestätigten sowohl Maaßen als auch Schindler massive Anwerbeversuche Aktivitäten der russischen Dienste in Deutschland. Eine zentrale Rolle dabei spiele die russische Botschaft in Berlin. Allerdings sei die Zahl der erfolgreichen Anwerbungen überschaubar, wurde vorgetragen.

BND-Präsident Schindler betonte, dass die russische Führung derzeit in hohem Maße auf Propagandaarbeit setze, um den öffentlichen Diskurs zur Ukraine-Krise in einer Vielzahl von Ländern zu beeinflussen.

Auf dem Symposium warnte Verfassungsschutzchef Maaßen: „Deutschland ist ein wichtiges Aufklärungsziel.“ Die deutsche Wirtschaft müsse sich besser schützen. Dafür sei auch eine stärkere Kooperation von Unternehmen und Verbänden mit seiner Behörde zum Schutz deutscher Forschung und Innovation wünschenswert. „Informationen sind das digitalen Gold des 21. Jahrhunderts“, sagte Maaßen.

Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) forderte auf der Veranstaltung ein größeres Augenmerk auf feindliche Spionage zu legen. „Sicherheit ist ein Wettbewerbsvorteil“, so der Minister. „Wir werden die Spionageabwehr ausbauen müssen.“

Die Ankündigung des Ministers wurde von Verfassungsschützer positiv aufgenommen. „Wir hoffen auf mehr Personal“, sagte ein Nachrichtendienstler. Allerdings sei noch längst nicht klar, ob das Parlament die Mittel für neue Stellen bewilligen werde.

Minister de Maizière stellte klar, dass sich an der bisherigen Kooperation der deutschen Dienste mit der amerikanischen NSA wenig ändern werde. Trotz Abhörskandal. „Die Vereinigten Staaten von Amerika sind unser wichtigster Verbündeter“, sagte der CDU-Politiker. Man werde die enge Zusammenarbeit beibehalten und sogar intensivieren.

Verfassungsschutzpräsident Maaßen machte wenig Hoffnung auf umfangreiche Aufklärung der amerikanischen Spähaktionen durch den NSA-Untersuchungsausschuss. „Wir wissen nicht wirklich, was die NSA tut“, erklärte Maaßen.

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