124 Schalter zu wenig am neuen Berliner Airport
Der neue Flughafen Berlin-Brandenburg ist für die Zukunft viel zu klein angelegt. Ein Gutachten ergab, dass er schon kurz nach der verschobenen BER-Eröffnung an seine Kapazitätsgrenzen stoßen wird.
Von M. Lutz, G. Mallwitz, U. Müller, V. Solms
Der neue Flughafen BER wird nach seiner Eröffnung nicht in der Lage sein, das erwartete Passagieraufkommen zuverlässig abzuwickeln. Derzeit sind rund 120 Check-In-Schalter vorgesehen. Im Vergleich zu anderen Flughäfen wären aber 224 Schalter notwendig.
Das gleiche Problem gibt es in der Gepäckhalle des künftigen Hauptstadtflughafens. Dort stehen nur acht Gepäckbänder für die Koffer der Fluggäste bereit, erforderlich wären aber 20 Ausgabebänder.
Das soll nach Informationen der “Welt” aus einem Gutachten hervorgehen, das der Flughafenexperte Dieter Faulenbach da Costa im Auftrag der Brandenburger CDU-Fraktion erstellt hat.
Die Planungsmängel im BER sind demnach so gravierend, dass “die Servicestandards unter denen von Tegel liegen werden”. Eine ordnungsgemäße Passagierabfertigung sei “nicht möglich”. Ein grundlegendes Problem laut Gutachten: “Erhebliche Engpässe in der Gepäckabfertigung und der Gepäckverladung”. Das würde zu erheblichen Verspätungen am Großflughafen beitragen und den BER zu einem der “unpünktlichsten Flughäfen Deutschlands” machen.
Bald nach der Eröffnung 27 Millionen Passagiere
Der BER wird nach derzeitigen Schätzungen schon bald nach seiner Eröffnung rund 27 Millionen Passagiere befördern. Angesichts der knappen Kapazitäten beim Service ist der Flughafen nach Ansicht des Experten nur in der Lage, bis zu 17 Millionen Fluggäste “weitgehend störungsfrei” abzufertigen. Bei einer so geringen Passagierzahl würde sich der Airport allerdings betriebswirtschaftlich nicht rechnen.
Obwohl der BER mit der Inbetriebnahme weitgehend ausgelastet sein wird, verfügt er offenbar nicht über die bei Neubauten üblichen Reservekapazitäten. Folglich könne er kein weiteres Wachstum verkraften und sich nicht zu einem internationalen Drehkreuz entwickeln.
Das Gutachten soll demnach zu dem Schluss kommen, dass der BER als einziger Großflughafen für Berlin und Brandenburg nicht den Anforderungen gewachsen ist. Möglicherweise müsse der alte Flughafen Schönefeld weiterhin genutzt werden. Weder der Experte noch die Brandenburger CDU wollten sich zu dem Gutachten äußern.
Landtagsfraktion diskutiert die Studie
Die brandenburgische CDU, die in der Landtagsfraktion über die Expertise beraten will, dürfte sich in ihrer Position bestätigt sehen. In ihrer vom Landesvorstand verabschiedeten “Potsdamer Erklärung” hatte die Union sich schon für eine “Abkehr vom Single-Airport-Konzept” ausgesprochen.
Wie aus einer Antwort der Senatskanzlei auf eine Anfrage der Berliner Abgeordneten Jutta Matuschek (Linke) hervorgeht, hat die Flughafengesellschaft bei Generalunternehmern nachträgliche teure Leistungen in Auftrag gegeben. Sie übersteigen die ursprüngliche Vergabesumme zwischen fünf und 50 Prozent.
Zudem liegt inzwischen auch eine Antwort von Berlins Regierenden Bürgermeister zu einer möglichen Haftung der Manager und Aufsichtsräte der Flughafengesellschaft vor. Diese haben sich demnach gegen Schäden pro Person mit jährlich 30 Millionen Euro versichern lassen.
Alter Flughafen in Schönefeld soll weiter genutzt werden
Das Gutachten soll demnach zu dem Schluss kommen, dass der BER als einziger Großflughafen für Berlin und Brandenburg nicht den Anforderungen gewachsen ist. Möglicherweise müsse man den alten Flughafen Schönefeld mitnutzen.
Zudem liegt inzwischen eine Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Piraten-Fraktion vor, die der Regierende Bürgermeister und Flughafen-Aufsichtsratschef Klaus Wowereit (SPD) beantwortete. Aufsichtsräte und Manager der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) haben sich demnach gegen Schäden in zweistelliger Millionenhöhe versichern lassen.
Dazu gehören Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) als stellvertretender Aufsichtsratschef, sowie die Geschäftsführer und Bereichsleiter der Airport GmbH. Die Versicherungssumme beträgt pro Person jährlich “30 Millionen Euro”. Laut Wowereit sind “zwei Versicherer in Form eines Konsortiums” eingeschaltet. Die Berliner Flughafengesellschaft benötigt aktuell eine Finanzspritze in Höhe von 1,2 Milliarden Euro.
http://www.welt.de/wirtschaft/article111531619/124-Schalter-zu-wenig-am-neuen-Berliner-Airport.html