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Finanzskandal bei der Linken: Die Dokumente

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Finanzskandal bei der Linken: Die Dokumente

Bartsch und Wagenknecht 1

Der Finanzskandal trifft Dietmar Bartsch zur Unzeit: Ab Herbst will er mit Sahra Wagenknecht die Linksfraktion im Bundestag anführen

 

 

 

 

 

 

 

 

In der Linkspartei bahnt sich ein heftiger Streit an. Die „Welt am Sonntag“ enthüllte jetzt, dass in der Parteikasse ein Loch von rund einer Million Euro klafft. Auf diese Summe belaufen sich die Außenstände aus einem desaströsen Geschäft: Vor gut acht Jahren hatte die Partei 50 Prozent der Anteile vom Verlag Neues Deutschland (ND) an die Firma Communio verkauft. Besonders unappetitlich: Eigentümer der Berliner Beteiligungsgesellschaft ist Matthias Schindler, der einst hochrangiger Stasi-Offizier war.

Die Communio erwies sich als denkbar schlechter Vertragspartner. Sie sollte den Kaufpreis in 16 Raten von 2007 bis 2022 abstottern. Bis Ende 2013 blieb sie der Partei allerdings 955.537,19 Euro schuldig. Inklusive der vereinbarten Zinsen (4,5 Prozent pro Jahr) summiert sich die die offene Forderung der Linken gegenüber der Firma mittlerweile auf 1.755.537,19 Euro. Und die Parteigremien wurden über dieses Desaster offenbar jahrelang nicht informiert.

Wie konnte es dazu kommen? Im Folgenden werden brisante Ausschnitte aus den internen Unterlagen zu diesem Geschäft dokumentiert – sie belegen, dass der Deal von Anfang an dubios war. Die Parteiführung wird der Basis jetzt einiges zu erklären haben.

DOK 1

Mit einem Beschluss des Bundesvorstands (siehe Grafik 1) wurde der Anteilsverkauf des parteieigenen Zeitungshauses im Jahr 2006 auf den Weg gebracht. Dadurch wollte man sich eigentlich Einnahmen in sechsstelliger Höhe pro Jahr sichern, „die für die unmittelbare politische Arbeit genutzt werden können“.

Damals war Dietmar Bartsch, der jetzt Vorsitzender der größten Oppositionsfraktion werden soll, Bundesgeschäftsführer. Seine Geschäftsstelle hatte den einstigen Schatzmeister der Partei, Karl Holluba (2006 bis 2010), mit der Abwicklung der ND-Anteile beauftragt.

DOK 2

Nach dem „Kaufvertrag über die Geschäftsanteile“ vom 29. Dezember 2006 (Grafik 2) war ein Kaufpreis von insgesamt 1,6 Millionen Euro vereinbart. Der Käufer hat nach den dieser Redaktion vorliegenden Papieren bislang allerdings nur eine von sieben Raten, die bis Ende 2013 fällig waren, beglichen: gerade einmal 275.000 Euro.

Deshalb hätte der Anteilskauf eigentlich sofort storniert werden müssen. Denn der Kaufvertrag enthält eine entsprechende Klausel in Paragraf 3: „Gerät der Käufer mit Zahlungen […] in Verzug oder zeigt der Käufer an, seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen zu können, ist dieser Kaufvertrag rückabzuwickeln und der Geschäftsanteil rückabzutreten.“ Genau das wurde jedoch unterlassen, wobei die für die Überwachung des Geschäftes Verantwortlichen nach den Recherchen der Redaktion die Parteigremien in Unkenntnis ließen. Das könnte einen Anfangsverdacht auf Untreue begründen.

DOK 3

Die Anteile am ND-Verlag übernahm die Communio mit dem Jahreswechsel 2006/2007. Notariell beurkundet wurde der Deal erst nachträglich am 31. Januar 2007. In diesem Kaufvertrag (Grafik 3) fehlen allerdings wesentliche Abmachungen, die in dem einen Monat zuvor besiegelten Kontrakt festgehalten worden waren.

Dem Geschäft sind dort bloß sechs dürre Sätze gewidmet. Einer von ihnen lautet: „Die schuldrechtlichen Vereinbarungen zu dieser Übertragung haben die Parteien (die Linkspartei.PDS und die Communio, Anm. d. Red.) gesondert getroffen und wünschten nicht die Mitbeurkundung durch den Notar.“ Im Klartext heißt das: Kein Außenstehender sollte jemals von dem krummen Geschäft auf Ratenbasis erfahren.

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